Jeans Herstellung: wie entsteht eine Jeanshose?
Bis Sie aus der Baumwolle vom Feld eine fertige Jeanshose im Laden kaufen können, sind zahlreiche Handgriffe und Arbeitsschritte notwendig. Es kommen unterschiedliche Maschinen zum Einsatz, zahlreiche Arbeitskräfte werden beansprucht und neben dem bekannten Rohstoff sind außerdem verschiedene Hilfsmittel erforderlich. Es ist ein aufwendiger Prozess, der schon lange nicht mehr in einem Land und an einem Ort statfindet, sondern sich über viele Stationen in mehreren Ländern verteilt.
Gefördert durch die Globalisierung finden zwar die Planung und die Entwicklung der Hose in dem Land statt, indem das Label seinen Sitz hat. Die Fertigung jedoch ist an einen Ort verlegt, wo die Arbeitskräfte preisgünstiger sind. Und der Stoff für die beliebte Trendhose wird nochmals aus einem anderen Land eingeführt.
Bis also die Bluejeans fix und fertig im Regal der Boutique zum Verkauf bereitliegt, muss mehrere Male im- und exportiert werden. Und damit das Endprodukt nicht nur seinen modischen Kultstatus aufrecht erhalten kann, sondern auch bequem sitzt und so strapazierfähig ist, dass es lange hält, sind viele helfende Hände notwendig.
Wenn Sie schließlich die stylishe Kulthose tragen, sind Sie sich vielleicht gar nicht darüber bewusst, dass die Bluejeans zwar ihren Ursprung in den Vereinigten Staaten von Amerika hat, aber von einem deutschen Auswanderer erfunden wurde, um es genau zu nehmen, von einem Bayern. Er hieß Löb Strauß, änderte aber in Amerika seinen Namen in Levi Strauss um.
Und genau dieser Name ist nun wieder vielen Menschen ein Begriff. Schließlich ist auch heute noch die bekannte Jeansmarke "Levi‘s" nach ihm benannt. So ist Levi Strauss, der sich als cleverer Geschäftsmann mit den Nöten der Goldgräber auseinandersetzte, als der Erfinder aller Jeanshosen zu sehen (siehe Jeans Geschichte). Und seine Marke die Levis-Jeans gilt als Urjeans schlechthin.
Rohstoff der Jeans Herstellung: Baumwolle
Zwar fertigten Levi Strauß und sein Partner Jacob Davis zu Anfangszeiten die praktische Arbeiterhose noch aus festem Segeltuch. Diesen Rohstoff änderten sie jedoch bald und entschieden sich stattdessen für eine strapazierfähige Baumwolle. Weil Sie den Baumwollstoff aus Nîmes (= de Nîmes auf französisch und spricht sich "de Nim") in Frankreich importierten, erhielt er den Namen Denim. Bevor die Baumwolle allerdings zum Baumwollstoff verarbeitet werden kann, steht die Ernte an:
- Die Baumwolle gehört zu den Malvengewächsen. Sie wird auf riesigen Feldern kultiviert. Wobei die größten Anbaugebiete heute in der Volksrepublik China, in Indien, in den Vereinigten Staaten und in Pakistan liegen.
- Von der Aussaat bis zur Ernte benötigt die Baumwollpflanze circa acht bis neun Monate. Weil aber die Pflanzen oft ungleichmäßig reifen, finden meist mehrere Ernten hintereinander statt.
- In großen, reichen Ländern, wie beispielsweise den USA, findet die Baumwollernte mit riesigen Erntemaschinen statt. Dabei kann ein moderner Baumwollernter bis zu acht Reihen gleichzeitig abernten. In den kleinen, ärmeren Ländern ist die menschliche Arbeitskraft billig und die Baumwolle wird von Hand gepflückt.
- Auch wenn sich mit der Erntemaschine eine viel größere Menge Baumwolle pflücken lässt, ist sie von minderer Qualität, als die handgepflückte. Das liegt daran, dass die großen Maschinen neben den reifen auch unreife und überreife Kapseln aufnehmen. Somit besteht die maschinell geerntete Baumwolle immer aus einer Mischung. Menschen, die die Baumwolle von Hand pflücken, konzentrieren sich jedoch ausnahmslos auf die reifen Kapseln. Das Endergebnis ist eine Top-Ernte.
- Nach dem Ernten werden die zwischen 10 und 56 Zentimeter langen Baumwollfäden in die Spinnerei gebracht und dort weiterverarbeitet.
- Wegen ihrer relativ langen Reifezeit ist es den Baumwollfarmern kaum möglich, Zwischenfrüchte zu pflanzen. Daher wächst die Baumwolle häufig in Monokulturen, was sie besonders anfällig gegenüber Schädlingen macht. Um sie vor Baumwollkapselkäfer und Baumwollkapselbohrer zu schützen, setzen die Bauern oft Pestizide ein.
- Obwohl die Baumwolle unter den Umweltschützern als eines der Produkte mit dem höchsten Chemikalieneinsatz unbeliebt ist, gibt es auch Bio-Baumwolle, bei deren Anbau die Baumwollfarmer auf Umweltschutz achten.
- Möchten auch Sie der starken Umweltbelastung Einhalt gebieten, sollten Sie beim Jeanskauf darauf achten, dass der Rohstoff für Ihre Hose umweltverträglich angebaut wurde.
Färben und Weben der Jeans
Natürlich kann nach der Baumwollernte nicht direkt mit dem Weben des Stoffes begonnen werden. Zuerst müssen schließlich die unterschiedlich langen Baumwollfäden zu einem langen Baumwollgarn versponnen werden.
Doch selbst wenn das weiße Naturgarn schließlich fertig und aufgewickelt ist, geht es noch nicht ans Verknüpfen der Fäden. Im Gegensatz zum sonst üblichen Verfahren wird bei der Bluejeans nämlich nicht die fertige Hose eingefärbt, sondern der Webfaden. Dadurch erhält die Jeanshose ihr typisches Aussehen.
Um das zu verstehen, müssen Sie sich kurz an Ihre Schulzeit zurückerinnern. Wer sich im Handarbeitsunterricht mit dem Weben vertraut machen durfte, weiß vielleicht noch, dass es einen sogenannten Kettfaden und einen Schussfaden gibt. Als Kettfaden wird der Faden bezeichnet, der fest im Webrahmen oder im Webstuhl eingespannt ist. Mit dem Schussfaden wird gearbeitet. Ihn zieht die Weberin beziehungsweise der Weber über und unter dem Kettfaden hindurch.
- Das Besondere am Jeansstoff ist nun, dass der Kettfaden weiß, also naturbelassen verarbeitet wird.
- Der Schussfaden hingegen ist indigo-blau eingefärbt.
- Würde nicht das Garn, sondern der fertige Stoff blau eingefärbt, wäre die Jeanshose einheitlich blau. Durch das besondere Verfahren, bei dem nur ein blau gefärbter Schussfaden zum Weben verwendet wird und der Kettfaden weiß ist, erhält schon der Jeansstoff den prägnanten Look.
Früher wurden die Jeanshosen noch nach der Leinenbindung gewebt. Das ist die einfachste Webart, bei welcher der Schussfaden immer abwechselnd unter einem Kettfaden hindurchgezogen und anschließend über den nächsten Kettfaden darüber gehoben wird.
Mittlerweile wurde jedoch dazu übergegangen, den Jeansstoff nach dem Körperbindungsverfahren zu weben. Dabei geht der Schussfaden abwechselnd über mindestens zwei Kettfäden hinweg und anschließend unter einem Kettfaden hindurch. Dieses Muster wird in der nächsten Reihe um einen Kettfaden versetzt, sodass am Ende ein diagonales Design entsteht.
Das Weben nach der Körperbindung macht den Stoff noch robuster und strapazierfähiger. Weil der natürliche Baumwollstoff nach dem Waschen immer eingeht, wird er vor dem Schneidern der Jeanshose schon einmal vorgewaschen.
Vom Stoff zur Jeanshose
Der nächste Schritt nach dem Weben des Stoffes ist das Nähen der Hose. Damit das möglichst ökonomisch vonstattengeht, haben die meisten Jeanshersteller diesen Produktionsschritt in arme Länder verlegt, wo die Arbeitskräfte billig sind. Selbstverständlich wird eine Hose heute nicht mehr von einer Schneiderin am Stück angefertigt, sondern viele Näherinnen teilen sich die Arbeit.
- Bevor jedoch mit dem Nähen begonnen werden kann, werden alle Einzelteile anhand des Schnittmusters ausgeschnitten.
- Anschließend wird jedes Teil für sich, von der kleinsten Gürtelschlaufe bis hin zum Hosenbein genäht.
- Dabei fällt jeder Näherin immer nur eine ganz bestimmte Aufgabe zu. Das heißt, sie näht entweder den ganzen Tag Hosentaschen oder ist nur mit dem Zusammennähen von Hosenbeinen beschäftigt.
- Das hört sich zwar recht stumpfsinnig an, ermöglicht der Schneiderin aber, ihren Part, der ihr rasch zur Routine wird, wesentlich schneller zu erledigen, als wenn sie eine ganze Hose fertigen müsste.
- Sollte die Schneiderin nämlich eine Hose am Stück nähen, müsste sie sich immer wieder umstellen. Selbst die schnellste Näherin bräuchte dann circa drei Stunden, um ein Exemplar komplett fertigzustellen.
- Durch die Arbeitsteilung ist die Bluejeans erst dann fertiggenäht, wenn die letzte Arbeiterin in der langen Kette ihre Naht beendet hat.
Wäre die Jeanshose nun immer noch eine einfache, strapazierfähige Arbeiterhose, könnte sie nach diesem Schritt in den Verkauf wandern. Weil die Kulthose aber heutzutage modisch immer ausgefeilter wird, kommt nun noch der Schritt der Veredelung hinzu. Hierbei wird auf die unterschiedlichen Prints, Waschungen, Styles und Muster gezielt eingegangen.
Feinschliff der Jeans Herstellung: Veredelung
Weil heutzutage eben längst nicht mehr alle Jeanshosen einheitlich aussehen, ist auch die Veredelung der Trendhose als ein wichtiger Arbeitsschritt in der Jeansherstellung anzusehen:
- Wenn Sie beispielsweise eine stonewashed Denimhose erwerben möchten, erhalten Sie eine Bluejeans, die vor dem Verkauf zusammen mit vielen Bimssteinen in der Waschmaschine so lange gewaschen wurde, bis sie ihren typischen weiß-fleckigen Look besitzt.
- Eine Jeanshose, die theatertauglich oder festtagstauglich sein soll, muss eine gewisse Eleganz aufweisen und wird mit Strasssteinchen oder Spitzenstoff verziert.
- Damit die blaue Hose auch den kindlichen Geschmack anspricht, bekommt die Kinderjeans ein Mickey Mouse Motiv aufgedruckt.
- Und an der Destroyed Denim muss so lange gebürstet und gefeilt werden, bis sie die gewünschten Löcher innehat.
Ist die Veredelung der Blujeans abgeschlossen, muss sie nur noch die Endkontrolle passieren. Dort stellen die Kontrolleure fest, ob beim aufwendigen Herstellungsprozess alles nach Wunsch geklappt hat. Sie prüfen, ob die Form und die Optik wie gewünscht sind, und geben sie anschließend für die Verpackung frei. Hat sich bei einer Hose in der Herstellung ein Fehler eingeschlichen, wird sie aussortiert und landet später als zweite oder dritte Wahl in speziellen Geschäften.
Leider wird oftmals für den Feinschliff viel Wasser verschwendet und auch der Chemieeinsatz ist unerwünscht hoch. Deswegen haben sich zumindest in Deutschland schon einige Kunden dazu entschlossen, auf den Stone-Washed-Effekt zu verzichten und stattdessen die Kulthose lieber aus nachhaltiger Herstellung zu erwerben.
Vielleicht betrachten auch Sie nun, aufgeklärt über die vielen Einzelschritte der Jeansherstellung, Ihre Jeans mit anderen Augen. Dann können Sie eventuell ebenfalls auf das nächste Schnäppchen verzichten und beim nächsten Kauf Wert darauf legen, dass sie aus umweltfreundlich angebauter Bio-Baumwolle gefertigt ist und auch die Arbeiter in der Produktion nicht ausgebeutet wurden.